Auf dem Wege zu einer extensiveren Rindfleischerzeugung

Woher kommt das Rindfleisch, das wir essen?

Das Rindfleisch, das in Europa auf den Tisch kommt, stammt von zwei Hauptquellen:

Wie wird das Rindfleisch, das wir essen, erzeugt?

Einmal abgesetzt und an feste Nahrung gewöhnt, wird das Kalb, das von einer dieser Quellen stammt, auf Grünland oder mit Getreide gemästet, bis es das Schlachtgewicht erreicht hat.

Eine schwerpunktmäßige Gründlandhaltung (extensive Erzeugungsverfahren) wird gewöhnlich in den Weideregionen Europas praktiziert, in denen sich Getreide nur schwer anbauen lässt, vor allem am Westrand des Kontinents (Irland, Großbritannien und der Atlantikbogen) sowie in den Berggebieten in ganz Europa. Typischerweise wachsen die in solchen Gebieten gehaltenen Rinder langsamer und erreichen in der Regel ein höheres Gewicht; ihr Fleisch ist reifer und hat einen intensiveren Geschmack. Kälber von Mutterkühen der oben beschriebenen Art werden tendenziell eher in extensiver Haltung großgezogen.

Eine auf Getreide beruhende Haltung ist dagegen in Südeuropa üblich, wo das wärmere Klima das Graswachstum im Sommer zum Stillstand bringt, sowie in Gebieten, in denen besonders viel Getreide wächst (z.B. in Mitteleuropa). Die mit Getreide gefütterten Rinder wachsen viel schneller als Weidetiere und erreichen das Schlachtgewicht früher, weil sie oft mit geringerem Gewicht geschlachtet werden. Deshalb wird diese Art der Haltung als "intensiv" bezeichnet. Von Milchkühen stammende Kälber werden eher auf diese Weise gemästet. Dieses jüngere Fleisch von mit Getreide gefütterten Tieren ist wegen seiner Kocheigenschaften, seines leichteren Geschmacks und seiner helleren Färbung beliebt.

Innerhalb dieser beiden Grundformen der Haltung gibt es in Europa eine breite Palette regionaler Haltungsformen, die sich durch verschiedene Haltungsverfahren und Rinderrassen auszeichnen. Aus diesem Grunde und dank einer beeindruckenden Vielfalt kulinarischer Traditionen haben die europäischen Verbraucher eine reiche Auswahl an Möglichkeiten, Rindfleisch zu genießen.

Und das Kalbfleisch?

Das meiste Rindfleisch, das in Europa verkauft wird, stammt von Tieren, die nach den beiden soeben beschriebenen Arten großgezogen werden, rund 10% jedoch ist Kalbfleisch, das heisst, es stammt von Kälbern, die mit einer überwiegend flüssigen Nahrung auf Milchbasis gefüttert werden und üblicherweise ein weißes oder nur blassrotes Fleisch liefern.

Wird Rindfleisch heute intensiver erzeugt als früher?

Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) wurde mit dem Ziel ins Leben gerufen, die Abhängigkeit Europas von eingeführten Nahrungsgrundstoffen, einschließlich Rindfleisch, zu verringern. Die Europäer erinnerten sich an die Nahrungsmittelknappheit im Zweiten Weltkrieg und danach und wollten ihre Versorgung mit Nahrungsmitteln in der Zukunft sicherstellen. Die im Rahmen der GAP eingeführte Preisstützungsregelung förderte die Maximierung und Intensivierung der Produktion. Der Erfolg war allerdings so durchschlagend, dass in den achtziger Jahren riesige Überschüsse erzeugt wurden - die sogenannten Rindfleisch- und Butterberge - und dringend etwas unternommen werden musste.

Eine einschneidende Reform im Jahre 1992 koppelte die Stützung der Landwirtschaft von der Produktionssteigerung ab. Die Preisstützung wurde abgebaut; die sich daraus ergebenden Einkommensverluste für die Landwirte wurden durch direkte Einkommensbeihilfen aufgefangen; für Extensivierung und Umweltschutz wurden Anreize eingeführt.

Werden die gegenwärtigen Verfahren der Rindfleischerzeugung den Erwartungen der Verbraucher gerecht?

Trotz der weitreichenden Reform von 1992 konnten die Folgen der übermäßigen Intensivierung der Milch- und Rindfleischerzeugung, die vor allem in den achtziger Jahren durch den ungebremsten Einsatz von Fleisch- und Knochenmehlen auf die Spitze getrieben wurde, nicht ungeschehen gemacht werden. Diese Folgen traten im Rindfleischsektor in den neunziger Jahren mit der alarmierenden Ausbreitung von BSE und der Sorge über die Auswirkungen dieser Krankheit auf die Volksgesundheit besonders krass zutage.

Die Gemeinschaft reagierte auf diese Krise mit immer strengeren Rechtsvorschriften für Tierfütterung und Fleischhygiene. So wurden die Fütterung mit Fleisch- und Knochenmehlen sowie der Vertrieb spezifischer Risikomaterialien auf dem Lebensmittelmarkt verboten. Um die Rückverfolgung von Rindern und des von ihnen erzeugten Fleischs zu ermöglichen, führte die EU strenge Regelungen für die Rinderidentifizierung und die Etikettierung ein und trug damit dem Wunsch der Verbraucher Rechnung, die heute mehr über das von ihnen gekaufte Rindfleisch wissen wollen.

Diese Maßnahmen kamen zu den bereits früher eingeführten Regeln hinzu, die das europäische Rindfleisch sicher und gesund erhalten sollten. So dürfen seit den späten achtziger Jahren in der EU keine Hormone mehr in der Rindfleischerzeugung verwendet werden. In Sachen Tierschutz, zumal während des Transports, hat die Union höchste Standards gesetzt. Beide Arten von Standards werden international mit Nachdruck verteidigt, weil die europäischen Bürger so großen Wert auf sie legen.

Bezüglich der Produktionsmittel selbst zeigte die Gemeinschaft mit dem Maßnahmenpaket der Agenda 2000 ihren Willen, nachhaltige Erzeugungsmethoden stärker zu fördern und in höherem Maße an Umweltzielen auszurichten. Unlängst wurde nach dem Auftreten weiterer BSE-Fälle beschlossen, die Anreize für eine gesteigerte Rindfleischerzeugung zu verringern und die Beihilfen für extensive Erzeuger zu erhöhen, denn es stellte sich immer deutlicher heraus, dass das auf diese Weise erzeugte Fleisch den Verbraucherwünschen entsprach.

2002 ergibt sich ein weiterer Anlass zur Lagebeurteilung, denn dann steht die Halbzeitbewertung der Agenda 2000 an, und der Rindfleischsektor wird vermutlich zu den überprüften Bereichen gehören. Angesichts der immer lauter werdenden Rufe der Öffentlichkeit nach landwirtschaftlichen Methoden, die ihren Erwartungen in höherem Maße gerecht werden und den ländlichen Raum schonen, darf man erwarten, dass sich die Tendenz zu Extensivierung und Nachhaltigkeit stärker durchsetzt.